Meine Eltern

Meine Eltern sind Emma Maria Duss, geb. Kull (1918 bis 1976) und Wilhelm Friedrich Duss (1912 bis 1995). Die Fotos wurden um die Zeit ihrer Verlobung Ende der 1930er Jahre aufgenommen. Meine Mutter wurde am 15. Februar 1918 in Rotensol (heute Bad Herrenalb) als zwölftes Kind (von insgesamt 13 Kindern) geboren.

Abbildung 1: Meine Eltern Ende der 1930er Jahre

Abbildung 1: Meine Eltern Ende der 1930er Jahre
Quelle: Privat

Nach Abschluss der Volksschule in Rotensol trat sie im Alter von 13 Jahren eine Ausbildung im Hotel- und Gaststättengewerbe im damaligen Ho­tel/Res­tau­rant "Zum Karpfen" in Karls­ruhe an. Mitte der 1930er Jahre übernahm sie eine Stelle im damals gut besuchten Gasthaus "Zum Rössle" in Conweiler (heute Gemeinde Strau­ben­hardt) an. Dort lernte sie meinen in Conweiler im elterlichen Haus le­ben­den Vater kennen.

Abbildung 2: Mutters Elternhaus und das kleine Dorf Rotensol in den 1930er Jahren

Abbildung 2: Mutters Elternhaus und das kleine Dorf Rotensol in den 1930er Jahren
Quelle: Privat

Am 13. Januar 1940 heirateten meine Mutter und mein Vater. Danach bezogen sie eine Mietwohnung im Haus Rennfeldstrasse 5 in Pforz­heim. Als wehrpflichtiger Soldat der Hitler-Armee war Vater damals kriegsbedingt jedoch von Anfang an meist abwesend. Von ihrer Karls­ruher Zeit her bereits gewohnt, fand sich meine Mutter in Pforz­heim gut zurecht. Bis zu meiner Geburt im September 1941 arbeitete sie in einer Fabrik, die unter anderem Bekleidung für das Militär herstellte. Ich selbst erinnere mich, dass sie mich als Baby und Kleinkind liebevoll betreut und verwöhnt hat. Nicht vergessen werde ich die gegen Ende des 2. Welt­kriegs zunehmenden Auf­ent­hal­te im Luftschutzkeller des Pforz­heimer Wohnhauses, in den mich meine Mutter mit dem Aufheulen der Sirenen meist rasch hinuntergebracht hat. Wenige Tage vor dem ver­häng­nis­vol­len Bombenangriff auf Pforz­heim in den Abendstunden des 23. Februar 1945 mit über 18 000 Todesopfern war es meiner Mutter gelungen, mit Hilfe eines in Conweiler ansässigen Fuhr­un­ter­neh­mers uns beide in das Haus der Großmutter in Conweiler zu bringen. Im Haus Rennfeldstrasse 7 in Pforz­heim hat den Bom­ben­an­griff niemand überlebt.

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Abbildung 3: Zerstörte Pforzheimer Innenstadt Frühjahr 1945

Abbildung 3: Zerstörte Pforzheimer Innenstadt Frühjahr 1945
Quelle: Stadtarchiv Pforzheim

Im Haus der Groß­mut­ter (Karoline Pauline Duss, geb. Schifferle) half Mutter im Haushalt und brachte sich in Großmutters Neben­erwerbs­land­wirtschaft ein – Tätigkeiten, die ihr von Berufs wegen und aus ihrer Herkunftsfamilie gut "geläufig" waren. Ihre Einsatzbereitschaft nahm mit der Rückkehr meines Vaters aus der Kriegsgefangenschaft im Winter 1946 an Intensität zu: es galt die wirtschaftliche Notlage der Nach­kriegs­zeit zu überwinden. Eng ver­bun­den damit war der Aufbau einer (zunächst) kleinen Landwirtschaft unter Nutzung der von Groß­mut­ter überlassenen Felder. Am Anfang stand der Erwerb einer Milchziege im Tausch gegen ein nicht mehr dringend benötigtes Küchenbuffet. Eine Milch­kuh folgte ein bis zwei Jahre später. Auch an die Vergrößerung der Zahl an Familienmitgliedern wurde gedacht. So wurden im September 1950 mein Bruder Martin und im Mai 1952 meine Schwester Brigitte geboren. Die inzwischen beengten Wohn­ver­hält­nis­se im Haus der Groß­mut­ter und das wieder gesicherte Beschäf­ti­gungs­ver­hält­nis meines Vaters drängte meine Eltern im Jahr 1952 zum Erwerb eines älteren Bauernhauses mit zwei Wohnungen und einem größeren Obst- und Gemüsegarten. Da das erworbene Haus einen nicht geringen Re­no­vie­rungs- und Ausbaubedarf aufwies, andererseits aber auch die erheblich gewachsenen Ent­fal­tungs­mög­lich­kei­ten in Haus und Garten auf meine Mutter einen nicht geringen Anreiz ausübten, steigerte sich ihre Einsatz- und Arbeitsfreude in der Folgezeit bis an die Grenze ihrer Möglichkeiten. Der Umfang des land­wirt­schaft­lichen En­ga­ge­ments gipfelte schließlich in der Haltung von drei Milchkühen im Stall des Hauses. Mitte der 1970er Jahre zeichnete sich eine schwere und kräftezehrende Er­kran­kung meiner Mutter ab. Sie starb am 09. November 1976 im Alter von 58 Jahren im Kreis­kran­ken­haus Neu­en­bürg.

Mein Vater kam am 01. Januar 1912 als "Nachkömmling" von drei bereits in den 1890er Jahren geborenen Schwes­tern in Con­weiler zur Welt. Eine der drei Schwes­tern (Maria) starb bereits im Frühjahr 1914 im Alter von 19 Jahren (sehr wahrscheinlich an Typhus). Abbildung 4 zeigt eine in den 1930er Jahren entstandene Luftaufnahme von Vaters Geburtsort Conweiler. Ab­bil­dung 5 zeigt Vaters Geburts- und Elternhaus – allerdings nach meh­re­ren, bis in die 1970er Jahre vor­ge­nom­me­nen Umbaumaßnahmen.

Abbildung 4: Conweiler in den 1930er Jahren

Abbildung 4: Conweiler in den 1930er Jahren
Quelle: Privat

Abbildung 5: Vaters Elternhaus im Umbauzustand der 1970er Jahre

Abbildung 5: Vaters Elternhaus im Umbauzustand der 1970er Jahre
Quelle: Eigene Aufnahme

Vaters Kindheit und Jugend waren geprägt durch den 1. Weltkrieg und die mehr oder weniger "turbulenten" 1920er Jahre. Die politischen und sozialen Verhältnisse in der Weimarer Republik dürften sich jedoch in dem relativ abgelegenen Dorf Conweiler nur wenig auswirkt haben. Die Versorgung von Vaters Familie war durch die Neben­er­werbs­land­wirt­schaft der Eltern mit den ver­gleichs­weise noch zahlreich vorhandenen Äckern und Wiesen weitgehend gesichert. Der Besuch der Volksschule und der sich an­schlie­ßen­den Han­dels­schu­le in Pforzheim verliefen deshalb auch ohne besondere Vorkommnisse. Auch Vaters Lehrzeit in einem kleinen Pforzheimer Schmuck­wa­ren­be­trieb und seine erste Anstellung als kaufmännischer An­ge­stell­ter in der größeren Firma Kollmar und Jourdan in Pforzheim konnte er ohne persönliche Ein­schnit­te absolvieren.

Eine spürbare Änderung der Le­bens­ver­hält­nis­se trat dann aber mit dem Ausbruch der Welt­wirt­schafts­kri­se und der damit zunehmenden Ar­beits­lo­sig­keitsigkeit ein. Als Belastung dürfte sich vor allem die Ar­beits­lo­sig­keitsigkeit, die sich an­schlie­ßen­de Erkrankung und der frühe Tod von Großvater Christian Friedrich im Sommer 1932 ausgewirkt haben. Vater selbst verlor ebenfalls seinen Arbeitsplatz. Um nicht untätig zu bleiben, schloss er sich dem schon in der Weimarer Zeit gegründeten Freiwilligen Arbeitsdienst an. Nicht überliefert ist, ob er daran an­schlie­ßend noch eine Festanstellung in "seinem" Unternehmen Kollmar & Jourdan fand. Als Nazi-Deutschland im Jahr 1935 wieder die allgemeine Wehrpflicht einführte, wurde Vater recht früh zur Ableistung seines Wehrdienstes einberufen. Danach konnte er bis zum Ausbruch des 2. Welt­kriegs einige unbeschwerte Jahre mit einem festen Arbeitsplatz verbringen. Mit Beginn des 2. Welt­kriegs war Vater zunächst dem Bodenpersonal der Luftwaffe zugeteilt und an verschiedenen Standorten in Württemberg stationiert. In den letzten beiden Jahren des Krieges gehörte er einem Infanterieregiment an. Bei seinem Fronteinsatz in der Normandie erlitt er im August 1944 eine schwere Verwundung (Bauch­durch­schuss), die einen mehr­mo­na­ti­gen Klinik- und Er­ho­lungs­auf­ent­halt zur Folge hatte. Zurück zu der auf breiter Front im Rückzug begriffenen Truppe gelangte Vater im Dezember 1944 in den Nordvogesen in einen Hinterhalt der US-Armee und wurde gefangen genommen. Zurück aus der Ge­fan­gen­schaft kehrte er im Januar 1946 zu seiner inzwischen in Conweiler bei seiner Mutter le­ben­den kleinen Familie. Bis zum Jahr 1948 musste er sich mit verschiedenen Aus­hilfs­tä­tig­kei­ten und dem Aufbau seiner kleinen Ne­ben­er­werbs­land­wirt­schaft "durch­schla­gen". Nach der Wäh­rungs­re­form im Juni 1948 fand er wieder eine Festanstellung in seinem "alten" Betrieb in Pforzheim.

Durch den wirtschaftlichen Auf­dschwung der jungen Bun­des­re­pu­blik wurde es Vater möglich, im Jahr 1952 ein unweit seines Elternhauses gelegenes älteres Bauernhaus mit dem Ziel zu erwerben, seine an Mitgliedern gewachsene Familie an­ge­mes­sen unterzubringen (siehe Abbildung 6). Der schrittweise Umbau und der Ausbau dieses Hauses haben Vater bis zu seinem Tod nachhaltig beschäftigt. Daneben lag ihm viel an der mit Unterstützung der Familienmitglieder vergrößerten Nebenerwerbslandwirtschaft, die er erst nach seinem Eintritt in den Ruhestand und dem Tod unserer Mutter im Jahr 1976 aufgegeben hat. Als "Alleinverdiener" konnte er sich Zeit seines Lebens weder den Erwerb eines Pkws noch einen nennenswerten Urlaubsaufenthalt leisten: die an­ge­mes­se­ne Unterbringung seiner Familie im eigenen Haus und nicht zuletzt die Ausbildung seiner drei Kinder waren ihm stets wichtiger. Abbildung 7 zeigt Vater mit seiner Familie Ende der 1950er Jahre. Vater starb nach schwerer Krankheit im August 1995 in der Universitätsklinik Freiburg im Alter von 83 Jahren. Abbildung 8 zeigt das Grab der Eltern um das Jahr 2000.

Abbildung 6: Vaters 1952 erworbenes Haus

Abbildung 6: Vaters 1952 erworbenes Haus
Quelle: Aufnahme Fritz Duss

Abbildung 7: Vater mit Familie Ende der 1950er Jahre

Abbildung 7: Vater mit Familie Ende der 1950er Jahre
Quelle: Eigene Aufnahme

Abbildung 8: Das Grab der Eltern auf dem Friedhof Conweiler

Abbildung 8: Das Grab der Eltern auf dem Friedhof Conweiler