Meine Vorfahren: Geschicht­li­cher und geografischer Hintergrund

Nach den Eintragungen in den Kir­chen­bü­chern lebten meine Vor­fah­ren seit dem 16./17. Jahr­hun­dert ganz über­wie­gend im Nord­schwarz­wald und dessen Über­gängen in die an­gren­zen­den Tal- und Hügel­land­schaf­ten. Ihr Sied­lungs­ge­biet lag zwischen dem Nagold- und dem Murgtal einerseits sowie einer gedachten Linie zwischen den Städten Karlsruhe und Pforzheim andererseits (siehe Abbildung 1). Nur wenige von Ihnen sind im Laufe der Zeit in dieses Gebiet zugewandert (zum Beispiel aus dem Bereich des heutigen Re­gie­rungs­be­zirks Schwaben in Bayern oder aus der Nordschweiz). Dies lässt sich einwandfrei aus den Einträgen in den Kirchenbüchern ableiten, die ich für die Ahnen meiner Groß­eltern Christian Friedrich Duss, Karoline Pauline Schif­fer­le, Christian Wilhelm Kull und Frida Friedericke Kull auswerten konnte. Da meine Eltern – Emma Maria Kull und Wilhelm Friedrich Duss – inzwischen seit mehr als 25 Jahren verstorben sind, habe ich anstatt der Daten meiner vier Groß­eltern die Lebensdaten meiner Eltern als Ausgangspunkte meiner Vor­fah­ren­ta­feln gewählt. Familientafeln mit den Geschwistern meiner Vor­fah­ren können für mindestens vier bis fünf Ge­ne­ra­tio­nen zurück bei Interesse zur Verfügung gestellt und per E-Mail an rainerduss@web.de an­ge­for­dert wer­den.

Meine mit Beginn der Führung von Kirchenbüchern im Zeitraum von 1560 bis etwa 1680 im Nord­schwarz­wald bereits ansässigen Vor­fah­ren sind mit größter wahr­schein­lichkeit im Zuge der Rodungsvorstöße des 11. und 12. Jahr­hun­derts als Leibeigene der im Gäu, im Kraichgauer Hügelland, im Murg- und Rheintal bereits sesshaften Klein- und Ortsadligen zugewandert bzw. von diesen angesiedelt worden. Be­völ­ke­rungs­ge­schicht­lich haben sie ihren Ursprung in den keltisch-römisch-germanischen Be­völ­ke­rungs­grup­pie­run­gen, die sich am Ende der so­genannten Völkerwanderung (etwa gegen Ende sechsten Jahr­hun­derts) in diesen Landschaften niedergelassen hatten und deren exakte Zu­sam­men­set­zung und räumliche Zuordnung heute nicht mehr möglich ist. Kenn­zeich­nend für die Frühgeschichte Süd­west­deutsch­lands ist die perma­nente Ver­mi­schung von bereits ansässigen Be­völ­ke­rungsgruppen mit im Laufe der Jahr­hun­derte jeweils neu Hin­zu­gekom­me­nen.

Nachdem schon vor über 30.000 bis 40.000 Jahren vor unserer Zeit­rech­nung kleinere Gruppen von Menschen – meist in Höhlen (etwa der Schwä­bi­schen Alb) oder in Pfahlbauten an Seen und Sümpfen lebendend – das heutige Süd­west­deutsch­land be­völ­ker­ten, ler­nen wir dank der Be­schrei­bung grie­chi­scher und rö­mi­scher Ge­schichts­schrei­ber, insbesondere je­doch der noch an­dau­ern­den Aus­gra­bun­gen und For­schun­gen der Ar­chä­olo­gen, erst­mals eine Be­völ­ke­rungsgruppe und ihre Kultur näher kennen, die möglicher Weise zwischen Alpen und Main ihren Ausgangspunkt hatte: die Kelten. Sie selbst haben sich wahr­schein­lich nicht so genannt. Durch Überlieferungen bzw. For­schungs­er­geb­nis­se bekannt sind jedoch die Namen von Stämmen oder Stammes­gruppen, die durch eine ähnliche Sprache, identische Sied­lungs­wei­sen, tech­no­lo­gi­sche Er­run­gen­schaf­ten (wie etwa die Herstellung von Eisen und die Goldverarbeitung) oder Be­stat­tungs­ge­bräuche (Hü­gel­grä­ber) mit einander verbunden waren. Die Kelten – von den Griechen "keltoi" und von den Römern "galli" genannt - besiedelten den mitteleuropäischen Raum schließ­lich zwischen dem Atlantik und Teilen Kleinasiens, wo wir sie im Neuen Tes­ta­ment als Galater wieder­finden. In Süd­west­deutsch­land, Ost­frank­reich und der Nord­schweiz lebte nach heutigem Kenntnisstand vor allem der Stamm der Helvetier. Die keltische Hochkultur, die derjenigen der später in den Süd­westen ein­sickern­den Ger­ma­nen deutlich über­legen war, dauerte etwa von 800 v. Chr. bis zum Beginn unserer Zeit­rechnung. Leider sind nur wenige schriftliche Zeugnisse erhalten geblieben. Be­völ­ke­rungsgeschichtlich muss heute davon aus­ge­gan­gen werden, dass sich die keltische Be­völ­ke­rung mit Beginn der Ausdehnung des römischen Reiches und dem erst allmählichen, dann stärkeren Zustrom von Germanen aus dem Norden nicht in "Luft aufgelöst" haben kann: soweit in kämpfe­ri­schen Aus­ein­ander­set­zun­gen oder durch Seuchen nicht umgekommen, wurden die Kelten von den neuen Herr­scher­grup­pen als Skla­vin­nen und Sklaven, als Legionäre oder als abhängige Bauern und Handwerker eingesetzt. Sie haben sich dabei mit Be­völ­ke­rungsgruppen aus allen Teilen des römischen Weltreichs und den in ihre Gebiete ein­drin­gen­den Germanen vermischt und sind auf diese Weise in der Be­völ­ke­rung Süd­west­deutsch­lands aufgegangen.

Abbildung 1: Das Siedlungsgebiet meiner Vorfahren seit 1569

Abbildung 1: Das Siedlungsgebiet meiner Vorfahren seit 1569
Quelle: ADAC Autokarte

Im Zuge der Schwächung des rö­mi­schen Welt­reichs etwa ab Mitte des vierten Jahr­hun­derts, ins­be­son­dere jedoch im Gefolge der so­genannten Völkerwanderung (tat­säch­lich sind dabei keine ge­schlos­se­nen Völker, sondern allenfalls mehr oder weniger geschlossene Stammesgruppen in neue Siedlungsgebiete aufgebrochen) breiteten sich mehr und mehr Angehörige germanischer Stämme bzw. Stammesgruppen aus dem Norden und Osten Europas in Süd­west­deutsch­land aus. Welche dieser Stämme und Stammes­gruppen für Süd­west­deutsch­land die größte Be­deu­tung hatten, lässt sich heute nicht mehr nachvollziehen. Auch bei den gegenwärtig noch bekanntesten Be­völ­ke­rungsgruppen der Schwaben, Ale­man­nen oder Fran­ken handelte es sich nicht – wie vielfach angenommen - um deutlich voneinander ab­grenz­bare Stämme, die in unterscheidbaren politischen Organisationen lebten. Vielmehr standen diese Begriffe als von griechischen und/oder römischen Ge­schichts­schrei­bern getroffene Sam­mel­be­zeich­nun­gen für eine mehr oder weniger große Vielzahl von Ger­ma­nen­stämmen oder Teile von Stämmen. Die moderne Geschichts­forschung geht sogar davon aus, dass es sich dabei meist um Verbände handelte, die sich um charismatische Füh­rungs­fi­gu­ren gruppier­ten und deren Mitglieder höchst un­ter­schied­li­che Herkünfte aufwiesen (so unter anderem: Meier, Mischa, Geschichte der Völ­ker­wan­de­rung, München 2020). Bei den Ale­man­nen wird dies besonders deutlich: Der Begriff "Alemannen" bedeutet nicht mehr oder weniger als "alle Arten von Männern, verschiedene Stammes­gruppen, Stammes­gemisch" (siehe auch Geuenich, Dieter, Geschichte der Alemannen, Stutt­gart 1997, Seite 9 ff.) Die als Alamannen bezeichneten Be­völ­ke­rungsgruppen strömten nach dem heutigen Stand der Ge­schichts­for­schung ab Mitte des dritten Jahr­hun­derts nach Süd­west­deutsch­land ein und vermischten sich nicht zuletzt auch mit der bereits hier an­säs­si­gen Be­völ­ke­rung. Nach Er­kennt­nissen der Ar­chä­olo­gen lag ihr ursprünglicher Siedlungs­schwer­punkt im Elbe-Saale-Bereich, wo nahezu identische Be­stat­tungs­kul­tu­ren ent­deckt wurden. Gegen Ende der vor allem durch den Einfall der Hunnen ausgelösten "Völkerwanderung" hatten sich die Alamannen in einem Gebiet aus­ge­brei­tet, das vom Vo­ge­sen­haupt­kamm im Westen bis zum Lech und vom Alpenhauptkamm bis in den nörd­li­chen Teil des heutigen Bun­des­lan­des Ba­den-Würt­tem­berg reichte. Nördlich davon hatten sich die zuvor am Niederrhein lebenden Franken niedergelassen – ebenfalls ein Stam­mes­gemisch (siehe auch Ab­bil­dung 2). Die Be­völ­ke­rungs­be­zeich­nung Ale­man­nen war bis etwa 800 gebräuch­lich, wobei der Begriff im fran­zö­sischen und spa­nischen Sprach­ge­brauch als Name für alle Deutschen bis heute erhalten ge­blie­ben ist. Ab etwa der Zeit Karls des Großen wurde die Bezeichnung "Ale­man­nen" all­mäh­lich durch den Begriff "Schwa­ben" abgelöst. Tatsächlich gehörten zu den Alamannen auch Stämme bzw. Stammesgruppen, die von den Römern schon sehr früh als Schwa­ben bezeichnet wurden. Bemerkenswert ist, dass die nördliche Grenze des um 600 n. Chr. bestehenden Sied­lungs­raums der Ale­man­nen später sowohl für die Bistumsgrenzen zwischen den Bistümern Konstanz und Speyer, als auch für die Grenze zwischen den Herzogtümern Schwa­ben – mit Schwer­punkt im Raum Bo­den­see/St. Gallen – und Franken Orien­tie­rungs­maß­stab war (siehe auch Ab­bil­dung 3). Es wird heute davon ausgegangen, dass von dieser "Grenzlinie" auch Einflüsse auf die Herausbildung der in Süd­west­deutsch­land gesprochenen Di­a­lek­te ausgingen (siehe auch Kapitel "Der Dialekt meiner Groß­eltern").

Abbildung 2: Das Siedlungsgebiet der Alamannen im frühen Mittelalter

Abbildung 2: Das Siedlungsgebiet der Alamannen im frühen Mittelalter
Quelle: Burkhardt, Hermann u. a., Baden-Württemberg – eine Heimat- und Landeskunde, Stuttgart 1992, S. 290

Abbildung 3: Frühe Bistümer und Klöster Süd­west­deutsch­lands

Abbildung 3: Frühe Bistümer und Klöster Süd­west­deutsch­lands
Quelle: Burkhardt, Hermann u. a., a.a.O., Seite 294

Die Zu­sam­men­set­zung der Be­völ­ke­rung im heutigen Baden-Württemberg erfuhr nach dem Ende der so­genann­ten "Völkerwanderung" keine grund­le­gen­den Verschie­bungen mehr, sieht man von der nach 1945 erfolgten Rückkehr der Angehörigen jener Abwanderer ab, die sich in früheren Jahr­hun­derten in verschiedenen Be­rei­chen Ost­europas angesiedelt hatten bzw. angesiedelt wurden. Die Zu­wan­de­rung von "Gast­arbeitern" mit ihren Familien aus Süd- und Ost­eu­ro­pa seit den 1960er Jahren sowie der zuletzt verstärkte Zustrom von Flüchtlingen und Asylanten – vor allem aus dem vorderen Orient, aus Afrika und Asien - hinter­lässt in­zwischen aller­dings zunehmend ihre Spuren in der Zu­sam­men­set­zung der Be­völ­ke­rung. Nicht zuletzt erkennbar ist dies an den Vor- und Nachnamen, wie sie in den Herkunftsländern üblich sind.

Auch die beiden Fürstentümer der Badener und der Württemberger, die ab dem 12. Jahr­hun­dert in Süd­west­deutsch­land allmählich an Bedeutung gewannen, haben dies­bezüg­lich keine nennens­wer­ten Spu­ren hinterlassen, zumal sie bis 1803/1806 ihre Herrschaftsbereiche im heutigen Baden-Württemberg mit einem "Flicken­tep­pich" von über 70 weiteren Gebiets­körper­schaf­ten Süd­west­deutsch­lands tei­len mussten. Die ihnen danach von Napoleon Bonaparte "verliehene" Ausweitung ihrer Herr­schafts­ge­bie­te auf nahezu den ganzen Süd­westen hat jedoch zu einer Identifikationsbereitschaft der Be­völ­ke­rung geführt, die über die Auf­hebung der Monarchie im Jahr 1918 und die Bildung des "Süd­weststaats" Baden-Württemberg im Jahr 1952 hinaus angehalten hat. Mit den his­to­rischen Wurzeln der Be­völ­ke­rungs­mi­schung Süd­west­deutsch­lands hat diese Identifikationsbereitschaft aller­dings wenig zu tun. Auch die Ergebnisse der Di­a­lekt­for­schung (siehe entsprechendes Kapitel) lassen keine einschlägige Beweisführung zu: es gibt weder eine württembergische noch eine badische Mundart!

Die Erfassung meiner Vor­fah­ren aus den Kir­chen­bü­chern erfolgte entlang der "direkten Linie" bis zu meinen beiden Groß­elternpaaren. Die er­gän­zen­de Eintragung der Lebensdaten meiner Eltern war mir auf der Grundlage der standesamtlichen Do­ku­men­te möglich, die ich mit freund­li­cher Unterstützung der ent­spre­chen­den Dienst­stel­len der Ge­mein­den Bad Herrenalb und Strau­ben­hardt ein­se­hen konnte. Eine Be­rück­sich­ti­gung der Seitenlinien, d. h. der Nachfahren von Brüdern und Schwes­tern meiner Vor­fah­ren musste sich aus Platz- und Zeitgründen auf die in einem so­genannten Familienbuch auf­ge­lis­te­ten Schwes­tern und Brüder der letzten vier bis sechs Ge­ne­ra­tio­nen be­schrän­ken. Die entsprechenden Fa­mi­lien­da­tei­en können bei Interesse überlassen werden. Sie sind in dieser Domain nicht verfügbar.

Ahnenforscher, die sich um die Erfassung der Vor­fah­ren berühmter Persönlichkeiten verdient gemacht haben, konnten aller­dings schon manche Überraschung zutage fördern. So teilte mir die mir bekannte Ahnenforscherin Karla Kellner aus Pforzheim im Mai 2014 per E-mail mit, dass es in der Vor­fah­renkette des fran­zö­sischen Generals und späteren Präsidenten Charles de Gaulle Ver­bin­dun­gen in das Gebiet der heutigen Ge­mein­de Strau­ben­hardt gibt. Als Anhang wurde mir eine chro­no­lo­gi­sche Auf­listung der Vor­fah­ren des Generals zugesandt. Auf deren Grund­lage konnte ich feststellen, dass sowohl der etwa 1620 in Schwann geborene Jakob Schönthaler aus der Vor­fah­renkette meiner Groß­mut­ter Karoline Pauline Schif­fer­le als auch der 1777 geborene Johann Michael Bürkle aus der Linie der Vor­fah­ren meiner Kull-Groß­eltern zugleich Vor­fah­ren von General de Gaulle waren. Auch mit dem Philosophen Georg Wilhelm Friedrich Hegel sowie dem Physiker und Nobelpreisträger (1918) Max Planck besteht eine Ah­nen­ge­mein­schaft meinerseits (siehe Kapitel Ahnengemeinschaften).

Die Duss-Vor­fah­ren

Zur Feststellung der Vor­fah­renkette meines Groß­va­ters Christian Friedrich Duss mussten die Kirch­bü­cher fol­gen­der Ge­mein­den ausgewertet werden:

Calmbach, Effringen, Feld­ren­nach, Gräfenhausen, Ottenhausen, Stamm­heim, Wildbad (alle beim Lan­des­kirch­lich­en Archiv der Evan­ge­lischen Landes­kirche in Württemberg in Stutt­gart); Gernsbach, Ittersbach, Lan­gen­alb und Weiler (alle beim Lan­des­kirch­lichen Archiv der Evan­ge­lischen Landeskirche in Baden in Karlsruhe). Ergänzend und zur abschließenden Kontrolle standen mir die zwi­schen­zeit­lich erschienenen und von Herbert Kling (Strau­ben­hardt) erstellten Orts­fa­mi­lien­bü­cher für das Kirchspiel Feld­ren­nach, sowie für Ottenhausen und Lan­gen­alb zur Verfügung.

Wie der Standard-Vor­fah­rentafel meines Vaters Wilhelm Friedrich (Fritz) Duss entnommen werden kann, beginnt die Ausbreitung des Namens Duss im heute noch bestehenden Schwer­punkt Strau­ben­hardt mit der um 1700 erfolgten Zu­wande­rung von Johann Georg Duss, geb. am 29. Februar 1676 in Stammheim (heute Stadt Calw), zunächst nach Ittersbach und später nach Lan­gen­alb. Johann Georg Duss I kam zusammen mit seinem 1679 geborenen Bruder Michael Duss nach Ittersbach: als Söhne eines ohne eigenen Grund­be­sitz (sogen. Beisitzer) im Tag­löh­ner­sta­tus lebenden Vaters – er war Viehhirte - sahen sie wohl in Stammheim keine Chancen mehr für eine sinnvolle Zukunft. Die beiden Brüder haben 1702 bzw. 1703 in Ittersbach geheiratet – Johann Georg nach einer "Strafpredigt (offensichtlich weil sein erster Sohn bereits 4 Wochen später zur Welt kam). Die beiden Duss-Brüder hei­ra­te­ten jeweils eine aus Lan­gen­alb stammende Frau. Michael Duss blieb in Ittersbach und wurde dort Stammvater einer kleineren Sippe. Johann Georg I ließ sich mit seiner Frau in Lan­gen­alb nieder. Dort wurde am 19. Juni 1707 Johann Georg Duss II geboren. Dieser heiratete die in Conweiler wohnhafte Anna Maria Gaisert und zog nach einiger Zeit dort hin.

Interessant ist die Tatsache, dass die Mutter von Johann Georg Duss I, sie hieß Anna Maria, ihren Sohn um 6 Jahre überlebte. Ihr genaues Ge­burts­da­tum sowie der Geburtsort konnten nicht ermittelt werden. Sie erreichte jedoch wohl ein für damalige Ver­hält­nisse recht hohes Alter: sie starb am 03. 05. 1727 und wurde über 90 Jahre alt! Anna Maria war rö­misch-ka­tho­lischer Konfession, was den Evan­ge­lischen Pfarrer von Lan­gen­alb nicht davon abhielt, folgenden Text in das (Evan­ge­lische) Kirchenbuch von Lan­gen­alb ein­zu­tra­gen:

"...am 03. Mai starb eine etliche und 90 Jahre alte Frau, Hans Georg Dußens selig hinterlassene Mutter, genannt das alt Egel, die bis zum End bei der päpstlichen Religion geblieben."

Ihre Außen­sei­ter­rol­le in einer durch­weg Evan­ge­lisch-traditional ge­präg­ten Ge­mein­de hat diese Frau in der damaligen Zeit sicher nicht beliebt gemacht!

Über den Vater von Johann Georg Duss I ist nicht viel mehr bekannt als über seine Mutter Anna Maria. Er wurde am 12. Mai 1652 in Effringen (heute Stadt Wildberg im Nagoldtal) geboren und auf den Namen Vitus (lateinisch für Veit) getauft. Sein Vater war mit einiger Sicherheit Johannes Duss, geboren am 22. Februar 1604 in Effringen, sein Groß­va­ter Martin Duss, geboren am 18. Januar 1559, ebenfalls in Effringen. Martin Duss ist der erste Träger dieses Namens in einem der mir zur Verfügung stehenden Kir­chen­bü­cher. Die familiären Zu­sam­men­hän­ge der in Effringen ansässigen Duss-Sippe für die Zeit vor 1700 lassen sich aller­dings nur eingeschränkt re­konstru­ie­ren, da die Kirchenbücher dieser Ge­mein­de in den ersten 100 Jahren nur Taufeinträge enthalten. Sicher dürfte aller­dings sein, dass die Ge­mein­de Effringen Herkunftsort auch der heute noch in der benachbarten Stadt Neubulach an­sässi­gen Duss-Sippe ist.

Die Nachfahren von Johann Georg Duss II haben sich nach dessen Zuzug nach Conweiler naturgemäß vor allem mit Familien aus dem Dorf und der unmittelbaren Nachbarschaft ver­bun­den. Es gab jedoch auch einige "Fernbeziehungen", etwa mit der Familie Büchi (später Büchert genannt) aus Schlatt bei Zürich, mit den Familien Richle, Schanz und Schäuble aus den "Waldge­mein­den" Naislach und Würzbach auf der Enz-Nagold-Platte, mit Calmbach und Wildbad (Familien Rau und Treiber) sowie mit Gräfenhausen (heute Ge­mein­de Bir­ken­feld im Enzkreis), vor allem mit den Familien Hiller, Kappler, Buck und Wolfinger. Diese Namen finden sich in Gräfenhausen im Jahre 2016 noch immer.

Die Schif­fer­le-Vor­fah­ren

Die Ehefrau von Christian Friedrich Duss, meine Groß­mut­ter Karoline Pauline, war eine geborene Schif­fer­le. Als erster Namensträger oder "Stamm­vater" der heute noch im Nord­schwarz­wald an­zu­tref­fen­den (kleinen) Schif­fer­le-Sippe erscheint um 1712 ein Joseph Schif­fer­le in den Kir­chen­bü­chern von Feld­ren­nach (heute Strau­ben­hardt). Er war "Bei­sit­zer", d. h. er hatte keinen eigenen Grund­besitz im Dorf. Der Pfarrer in Feld­ren­nach hielt es aber für wichtig, über den Katholiken Joseph Schif­fer­le in das Evan­ge­lische Kir­chen­buch ein­zu­tra­gen, dass Joseph Schif­fer­le vor seinem Zuzug nach Feld­ren­nach als Berufssoldat (oder Söldner) in den Diensten des ebenfalls katholischen Markgrafen Ludwig Wilhelm von Baden (-Baden), dem so­genannten "Türkenlouis", gestanden hat. Die Markgrafschaft Baden (-Baden) er­losch im Jahre 1771. Deren Gebiet fiel an die Markgrafschaft Baden-Durlach. Es ist aus heutiger Sicht denkbar, dass der Berufssoldat Joseph Schif­fer­le sowohl im Kampf gegen die Türken auf dem Balkan als auch im Pfälzischen Erbfolgekrieg (1688 bis 1697) und im Spanischen Erbfolgekrieg (1701 bis 1714) im Einsatz war. Vor allem in dem zuletzt genannten Krieg kam es im Nord­schwarz­wald immer wieder zu krie­ge­ri­schen Aus­ein­ander­set­zun­gen, unter anderem entlang der so­genannten "Ettlinger Linie", die als Ver­tei­di­gungs­gür­tel in den Jahren 1704 bis 1707 errichtet wurde und von den Höhen des Schwarzwaldes südlich Dobel über das Albtal bis westlich von Knielingen (heute Stadt Karlsruhe) verlief. Von der "Ettlinger Linie" bis zum Ort Feld­ren­nach im würt­tem­ber­gi­schen Hinterland waren es nur wenige Kilometer. Die Entfernung von der zur Mark­graf­schaft Baden (-Baden) gehörenden katholischen Ortschaft Pfaffenrot bis zur Ge­mein­degrenze von Feld­ren­nach belief sich sogar auf weniger als 1000 m.

Es lässt sich heute nicht mehr ermitteln, weshalb und unter welchen Umständen der Katholik Joseph Schif­fer­le nach Feld­ren­nach ge­kom­men ist. Seine Ehefrau Helena gab gegenüber dem Pfarrer an, Evan­ge­lisch zu sein. aller­dings war der Name Helena in der Region damals unüblich, sodass nicht ausgeschlossen werden kann, dass Schif­fer­le sie aus einem seiner Einsatzgebiete als Söldner "mit­ge­bracht" hat. Joseph Schif­fer­le verstarb nach den Angaben im Orts­fami­lien­buch von Schielberg im Jahr 1750 als verarmter Witwer im Bereich des Klosters Frauenalb. Seine Ehefrau Helena war zuvor im Jahr 1749 in Feld­ren­nach gestorben.

Die Vorliebe des katholischen Markgrafen Ludwig Wilhelm, seine Söldner aus ebenfalls katholischen Gebieten und dabei bevorzugt aus der Schweiz zu rekrutieren, kann jedoch als sicher gelten. Tatsächlich gab es den Namen Schif­fer­le im späteren Großherzogtum Baden oder im Königreich Würt­tem­berg zuvor noch nicht, wohl aber im benachbarten Kanton Aargau in der Schweiz. Sehr wahr­schein­lich stammte Joseph Schif­fer­le aus einem der römisch-katholischen Dörfer Döttingen oder Klingnau im Aargau, wo der Name Schif­fer­le heute noch stark verbreitet ist (über 40 Telefonbuch-Einträge im Jahr 2005!). Konkrete Nachweise über die exakte örtliche Herkunft von Joseph Schif­fer­le lassen sich nicht mehr erbringen!

Die Nachfahren Joseph Schif­fer­les bis zu meiner im Jahr 1872 geborenen Groß­mut­ter Karoline Pauline Schif­fer­le haben sich im Verlauf des 18. und 19. Jahr­hun­derts nach Maßgabe der Standard Vor­fah­rentafel mit einer beachtlichen Zahl von in der Region Nord­schwarz­wald schon lebenden Familien verbunden. Diese hatten ihren Wohnsitz u.a. in Arnbach (Stadt Neuenbürg), Conweiler (Ge­mein­de Strau­ben­hardt), Dennach (Stadt Neuenbürg), Feld­ren­nach (Ge­mein­de Strau­ben­hardt), Gernsbach, Höfen, Ittersbach (Ge­mein­de Karlsbad), Königsbach (Ge­mein­de Königsbach-Stein), Lan­gen­alb (Ge­mein­de Strau­ben­hardt), Langensteinbach (Ge­mein­de Karlsbad), Stadt Neuenbürg, Ottenhausen (Ge­mein­de Strau­ben­hardt), Rei­chen­tal/Murg­tal, Salmbach, Unterniebelsbach (Ge­mein­de Keltern), Wart bei Nagold, Weiler (Ge­mein­de Keltern) und Wildbad (Stadt Bad Wildbad). Quellen hierfür sind die Filmkopien der Kirchenbücher von Gernsbach, Ittersbach, Königsbach, Lan­gen­alb, Langensteinbach, Rei­chen­tal und Weiler im Lan­des­kirch­lichen Archiv der Badischen Landeskirche in Karlsruhe, sowie die Filmkopien der Kirchenbücher aus den ehemals würt­tem­ber­gi­schen Kir­chen­ge­mein­den im Lan­des­kirch­lichen Archiv der Evan­ge­lischen Landeskirche Württemberg in Stutt­gart.

Die Kull-Vor­fah­ren

Nicht nur der Vater meiner Mutter, Groß­va­ter Christian Wilhelm Kull, sondern auch ihre Mutter, Groß­mut­ter Frida Friedricke Kull, trug den Nachnamen Kull. Ursächlich hierfür ist die Tatsache, dass beide Groß­elternteile denselben Ur-Ur-Groß­va­ter, den 1785 in Neusatz (Bad Herrenalb) verstorbenen Christoph Friedrich Kull sowie dieselbe Urgroß­mut­ter hatten. Diese UrGroß­mut­ter hieß Elisabeth Schuler. Sie hei­ra­te­te 1793 zunächst den 1770 geborenen Johann Philipp Kull (den UrGroß­va­ter meines Groß­va­ters) und nach dem Tod von Johann Philipp im Jahre 1809 seinen Bruder Gottfried Kull, den UrGroß­va­ter von Groß­mut­ter Frida Friedericke. Ein solcher "Implex", wie ihn fast jeder Ahnenforscher kennt, stellt bei der damaligen Größe der Dörfer im Nord­schwarz­wald keine Überraschung dar. Innerhalb der von mir erstellten beiden Ahnentafeln bleibt er jedoch der einzige Fall. Logischer Weise sind deshalb in der Zeit vor 1800 die Ahnenketten beider Groß­eltern teilweise identisch.

Vor 1580 gab es im Nord­schwarz­wald den Namen Kull nicht! Der erste Träger des Namens Kull erscheint um diese Zeit in Wildbad. Er stammte aus Kemnat bei Stutt­gart (heute zur Stadt Ostfildern gehörend) und muss ein besonders begabter Ver­wal­tungs­fach­mann gewesen sein. Herzog Ludwig von Württemberg setzte ihn damals nämlich als Bürgermeister von Wildbad ein. Sein Sohn Johannes Kull (geb. 1589) und sein Enkelsohn Philipp Kull (geb. 1627) zog es nach dem Ende des 30jährigen Kriegs ins benachbarte Albtal. Beide waren Zimmermann von Beruf. Bei der Einmündung des Bernbachs in die Alb errichteten sie zusammen mit einem weiteren Partner im Jahr 1651 die "Kullenmühle", von der aller­dings keine Gebäude mehr vorhanden sind. Geblieben ist lediglich der Name Kullenmühle als Gebietsteil der Stadt Bad Herrenalb.

Unstrittig begann mit den Erbauern der "Kullenmühle", von denen in direkter Linie auch meine Groß­eltern Kull abstammen, der Aufstieg der Kull-Sippe im Herrenalber Raum. In den Dörfern Dobel, Bernbach, Neusatz und Rotensol sowie in der Kernstadt Bad Herrenalb ist der Name noch immer recht häufig anzutreffen. Die Kulls verbanden sich im Laufe der Jahr­hun­derte vor allem mit in den genannten Orten schon ansässigen Familien sowie relativ oft auch mit Familien in den Dörfern des benachbarten Kirchspiels Feld­ren­nach und aus Loffenau. Eher selten gab es familiäre Verbindungen zu den damals badischen Nachbarge­mein­den Lan­gen­alb und Schielberg (siehe auch die Eintragungen in den beiden Standard Vor­fah­rentafeln meiner Mutter und meines Vaters. Familiäre "Fern­be­zie­hun­gen" der Kulls aus dem Raum Herrenalb gab es anfänglich noch mit den "Waldge­mein­den" der Enz-Nagold-Platte im weiteren Umkreis um die Kleinstädte Calw und Nagold sowie über eine Familie Echtler/Ächtler aus Dörfern im heutigen Regierungsbezirk Schwaben in Bayern. Der Name Echtler ist dort noch heute häufig anzutreffen.

An Berufen findet sich unter meinen Kull-Vor­fah­ren mehrfach ein - in der Regel wohl nebenberuflicher - "Schul­tes". Am häufigsten waren sie jedoch Bauern. Im Hinblick auf die nicht besonders fruchtbaren Böden reichte dieser Beruf zur Ernährung der meist kinderreichen Familien jedoch selten aus. Viele gingen deshalb noch einem Handwerk nach und/oder verdingten sich mit Ge­le­gen­heits­ar­bei­ten in den Wäldern oder bei der Ge­mein­de als Tagelöhner – alles in allem kein einfaches Dasein!

Unter den Familien, mit denen sich die Kulls aus dem Nord­schwarz­wald über die Jahr­hun­derte hinweg verbunden haben, sind heute noch die Namen Knöller, Pfeiffer, Karcher, Kappler, Romoser, Bürkle, Schönthaler, Rapp, Jäck, Merkle, Waidner, Streeb/Streb (auch die US -amerikanische Film­schau­spie­le­rin Meryl Streep stammt von einem Vor­fah­ren namens Streeb aus Loffenau ab) , Zeltmann und Greul in der Region anzutreffen. Dagegen sind Namen wie Echtler, Hirschberger, Kottler oder Schuler im Jahr 2016 nicht mehr vertreten.

Als Quellen für meine Nach­for­schun­gen zu den Kull-Vor­fah­ren dienten mir vor allem die Kirchenbücher von Dobel (mit Neusatz und Rotensol), Wildbad, Feld­ren­nach (mit Conweiler, Dennach, Feld­ren­nach, Pfinzweiler und Schwann), Herrenalb und Loffenau. Mit der Führung all dieser Kirchenbücher wurde erst nach dem 30jährigen Krieg begonnen. Daten aus der Zeit davor wurden mir freund­li­cher Weise von Ahnenforscher Manfred Köhnlein aus Ditzingen zur Verfügung gestellt, der selbst Vor­fah­ren aus der Bad Herrenalber Kull-Linie aufzuweisen hat. Die kompletten Lebensdaten meiner Groß­eltern Kull und ihrer Kinder konnte ich mit freund­li­cher Genehmigung der Stadtverwaltung Bad Herrenalb aus deren einschlägigen Stan­des­amts­ein­tra­gun­gen entnehmen. Ergänzend und zu Kontrollzwecken dienten mir auch bei einzelnen Kull-Vor­fah­ren die zwi­schen­zeit­lich von Herbert Kling aus Strau­ben­hardt-Conweiler erstellten Orts­fa­mi­lien­bü­cher für das frühere Kirchspiel Feld­ren­nach sowie für die Kirchenge­mein­den Lan­gen­alb und Ottenhausen.